Ich habe bereits über die Notwendigkeit gesprochen, Visionen zu entwickeln. Gedanklich, schriftlich und auch bildlich. Die Frage ist, wie man dahin kommt? Wie entwickelt man für sich, für einen Gruppe oder die Gesellschaft so eine Vision?

Eine sehr interessante Methode dazu wurde von Otto Scharmer am MIT entwickelt. Sie nennt sich „Theorie U“ im Original „Theory U“). Sie basiert auf der Idee, dass tiefgreifende Veränderungen möglich sind, wenn Menschen lernen, bewusst auf die Zukunft zu reagieren, die sie gemeinsam schaffen wollen. Dieser Ansatz betont das „Presencing“, eine Verbindung von Gegenwart und Zukunft, um transformative Innovation zu ermöglichen.

Die Theorie U beschreibt einen Prozess, der in Form eines U’s dargestellt wird. Der Prozess besteht aus drei Hauptphasen:

Theorie U Otto Scharmer
Theorie U, (c) Presencing Institute

Downloading (Runterladen): In dieser Phase geht es darum, sich offen mit der Welt auseinanderzusetzen und die Perspektiven anderer zu verstehen. Es beginnt mit dem aufmerksamen und offenen Hinsehen, geht dann weiter mit dem Hineinspüren und erfordert schließlich das Loslassen von vorgefassten Meinungen und das Zuhören mit einem offenen Geist, offenen Herzen und offenem Willen. Es geht darum, gegebenenfalls alte Denkmuster aufzulösen, um dann eine neue, ganzheitliche Sicht zu entwickeln.

Presencing (Mit der Quelle verbinden): Der Begriff ist eine Kombination, ein Kunstwort, aus den englischen Wörtern „Presence“ (Gegenwart) und „Sensing“ (Wahrnehmung). Diese Phase ist der tiefste Punkt des U, an dem Individuen und Gruppen Zugang zum Kern des Themas erhalten. Es geht darum, die wahre Quelle des Handelns zu erfassen und sich mit dem entstehenden zukünftigen Potenzial zu verbinden.

Performing (In die Welt bringen): Hier wird das neu gewonnene Verständnis genutzt, um innovative Lösungen zu entwickeln und in kleinen, iterativen Schritten auszuprobieren. Der erste Schritt dazu ist das Verdichten der gewonnenen zukünftigen Idee auf das Wesentliche. Der zweite Schritt ist dann die Definition von Prototypen, um die Ideen in die Praxis zu bringen, zu erproben und von Feedback zu lernen.

„Leben ist das Einatmen der Zukunft.“ (Pierre Leroux)

Die Theorie U findet bereits in vielen Bereichen Anwendung, sowohl in Firmen als auch in der Bildung und bei Fragen gesellschaftlicher Innovation. Sie ermöglicht es, Innovationsprozesse zu gestalten, Zusammenarbeit und Teamdynamik zu verbessern sowie gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen.

Ein Beispiel für ihre praktische Anwendung ist das „U.Lab“ von Otto Scharmer, eine Plattform, die Menschen weltweit dazu einlädt, an transformativen Projekten zu arbeiten und die Prinzipien der Theorie U anzuwenden. Das gibt es auch im deutschsprachigen Raum mit der „Theory U * D-A-CH“, wo man in deutsch die Theorie erlernen, vertiefen und ausprobieren kann.

Wenn Sie für sich, Ihre Gruppe oder für die Gesellschaft auf der Suche nach einer Methode sind, die von der Zukunft her denkt, dann bietet die Theorie U von Otto Scharmer einen tiefgreifenden und inspirierenden Rahmen für Veränderung. Indem sie Menschen dazu anregt, bewusst aus der wünschenswerten Zukunft zu handeln und innovative Lösungen zu entwickeln, schafft sie die Grundlage für nachhaltige Transformation – sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene.

Das Modell ist sehr ausführlich beschrieben in den Büchern von Otto Scharmer, die auch in deutsch übersetzt sind:

Buchempfehlungen:1
Theorie U Buch   Essentials der Theorie U - Buch

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