Ein kleines Experiment: Wir spulen 25 Jahre nach vorne, ins Jahr 2050. Und wir stellen uns die Frage, welche Geschichte wir unseren Kindern (oder Enkeln) vom Jahr 2025 erzählen wollen.
Möglichkeit 1:
Wir schreiben das Jahr 2050:
Es ist wärmer als im Jahr 2025. Die Extremwetter-Ereignisse haben zugenommen – Hitze, Dürre, Starkregen, Stürme. Das Klima macht den Leuten zu schaffen, besonders im Sommer ist es unangenehm. Die Wälder sind unter Druck durch die Hitze und die Dürre.
Wirtschaftlich geht es nicht blendend, aber auch nicht ganz schlecht. Leider haben wir zu lange auf Bereiche gesetzt, die keine Zukunft hatten und dadurch die notwendige Transformation hinausgezögert, worunter wir heute noch leiden.
Gesellschaftlich bleiben die Spaltungen zwischen arm und reich, Befürwortern und Gegner aller möglichen Themen groß, was populistische Kräfte weiter gestärkt hat.
Rückblick auf das Jahr 2025:
Es gab viele Krisen: Corona war gerade überstanden, aber es gab Kriege in Europa und anderswo auf der Welt. Gesellschaft und Politik waren davon wie gelähmt und haben nicht die Kraft gefunden, entschlossene Maßnahmen gegen den Klimawandel einzuleiten. Es wurde viel geredet, aber (zu) wenig umgesetzt.
In der Wirtschaft haben wir versucht, an alten Technologien weiterhin festzuhalten. Wir haben kurzfristige Gewinne über langfristige Vorteile gestellt. Notwendige Transformationen waren eigentlich klar, aber es fehlte der Mut, sie zügig anzugehen.
Gesellschaftlich gab es verstärkte Spannungen, viele waren gereizt und unzufrieden. Vereinzelte Initiativen, das zu überwinden, haben nicht das Momentum erreicht, um es zu einer großen Bewegung zu machen.
Möglichkeit 2:
Wir schreiben das Jahr 2050:
Klimatisch ist es etwa so wie vor 25 Jahren, nicht besser, aber auch nicht schlechter. Aber insbesondere die Städte haben sich besser darauf eingestellt, mit mehr Grünflächen und mit mehr begrünten Dächern und Fassaden. Das macht das Leben auch im Sommer einigermaßen erträglich. Die Wälder sind auf einem guten Weg, der Baumbestand hat sich verändert hin zu Bäumen, die besser mit den höheren Temperaturen zurechtkommen.
Wirtschaftlich läuft es gut, da wir zeitig auf neue Themen gesetzt haben und dadurch führend in diesen Bereichen geworden sind. Die durchschnittliche Arbeitszeit hat sich durch Automatisierung und Digitalisierung weiter reduziert.
Gesellschaftlich sind wir ein Stück vorangekommen in dem Sinne, dass die Schere zwischen arm und reich zumindest nicht weiter auseinander gegangen ist.
Rückblick auf das Jahr 2025:
Trotz andauernder Krisen hat die Gesellschaft und die Politik die Kraft gefunden, ein positives Zukunftsbild – ein Zielbild – zu erschaffen, gut zu kommunizieren und daraus Maßnahmen abgeleitet, die schrittweise ungesetzt wurden. Dazu gehört ein klares Bekenntnis zur erneuerbaren Energien und die Begrünung der Städte.
Auch wirtschaftlich haben wir uns zügig von alten Technologien verabschiedet und auf Zukunftsthemen, wie zum Beispiel alles rund um erneuerbare Energiequellen, gesetzt.
Die gesellschaftlichen Spannungen waren spürbar, aber die Mehrheit, die sich gegen populistische Tendenzen gestellt hat, konnte erste Schritte einleiten, wie eine höhere Besteuerung besonders wohlhabender Personen, um damit das Sozialsystem zu stärken.
Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab! (Weisheit der Dakota-Indianer)
Ihre Geschichte?
Welche Geschichte möchten Sie im Jahr 2050 gerne erzählen? Der Club of Rome würde das erste Szenario „too little too late“ (zu wenig zu spät) nennen und das zweite den „giant leap“ (großen Sprung) nennen. Sehr viel detaillierter ist das alles in den neuesten Büchern des Wuppertal Instituts und des Club of Rome beschrieben, siehe unten.
In Geschichten möchte (fast) jeder, zumindest wenn er selbst darin vorkommt, gerne die Rolle als „Gute“, Retter, Heldin oder visionärer Erfinder haben. Es sind diejenigen Entscheidungen, die langfristig angelegt sind, die solche Geschichten schreiben. Wer kurzfristig etwas tut, in Unternehmen gerne zum Wohle des nächsten Quartals oder Geschäftsjahrs, hat geringere Chancen auf eine gute Geschichte in 25 Jahren. Denken Sie bei den nächsten Entscheidungen daran, egal ob sie gesellschaftliche Themen wie das Klima betreffen, berufliche Entscheidung bzgl. der eigenen Entwicklung oder für Produkte der Firma, oder private Entscheidungen.
Und am Rande noch – zum Thema Politik und Parteien: ich bin überzeugt, dass die Bürger oft mutigere – und langfristig angelegte – Schritte akzeptieren oder sogar verlangen, als es die politischen Parteien glauben tun zu können – auch hier würde ich mir deutlich mehr Mut wünschen.
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